Impressionen 

Juli 2005

<< Index >>

 

Novac. So heißt auf Serbisch "Geld". Und dazu haben die Serben eine besondere Beziehung.

Das scheint auf den ersten Blick nichts besonderes zu sein, denn jeder möchte Geld haben, bzw. mehr Geld haben. Aber in Serbien kommen noch einige Aspekte dazu. Der erste ist, dass viele Serben im Ausland gelebt haben, z.B. als Gastarbeiter in Deutschland oder Österreich, und dort etwas erspart haben. Das war insbesondere zu Titos Zeiten moeglich, als der Rest Osteuropas noch hinter dem eisernen Vorhang verschwunden war.

Dann kam die Auflösung des alten Jugoslawiens, der Krieg und damit die Inflation. Der Staat musste ja irgendwie diesen Krieg finanzieren, und das tut er normalerweise mit dem Geld seiner Bürger. Diese wollen es dem Staat nicht geben, also geben sie es aus. Das treibt die Preise, und die Spirale ist angeheizt. Also tauscht man sein Geld in D-Mark um, und das will der Staat eigentlich nicht. Also tut man es so, und das treibt den Wechselkurs in die Höhe. Schließendlich war der Wert der größten Geldnote 500 000 000 000 Dinar (500 Milliarden). Kaufen konnte man damit kaum etwas - der Wert entsprach vielleicht sechs Euro.
"Wir wollten beweisen, dass wir schneller Geld drucken konnten als die Inflation in die Hoehe ging. Selbst das ging schief."

11 Nullen - da muß man nachdenken.

Ein Gehalt entsprach damals vielleicht 10 D-Mark.

Schliesslich kam es zu einer Reform. Der Wechselkursverlust und die Inflation sind heute bei ca. 15 % eingespielt, in manchen Jahren mehr, in anderen weniger.

Aber die Bevölkerung, die lebt in ihren Köpfen in Euro. Am Monatsanfang wird das Gehalt abgehoben und in vielen Fällen gleich in Euro umgetauscht.

In einem Geschäft während der Inflation

  • Können sie mir sagen, wieviel diese Zahnpasta kostet?

  • 5000 Dinar

  • Aber auf dem Schild dort steht, sie kostet nur 4000 Dinar.

  • Ich sagte doch, sie kostet jetzt 6000 Dinar.

Preise und Gehälter sind oft in Euro ausgedrueckt. Erst im letzten Moment wechselt man in Dinar um. Wer seine Preise in Dinar ausdrückt, der muss oft anpassen, oder er wartet und dann kommt es zu grossen Preissprüngen, wenn zB eine Stunde Parken von 15 Dinar auf 35 Dinar steigt. Wer das Pech hat, daß seine Preise in Dinar fixiert sind, zB. Medikamente oder Benzin, der bekommt oft sehr wenig wenig für seine Ware. Daher gibt es immer wieder Knappheiten, denn Händler wollen nichts importieren, bevor sie neue Preise durchgesetzt haben.
Was macht ein Serbe, wenn er keinen Dinar mehr in der Tasche hat? Er tauscht 10 Euro um.

Die Stromrechnung zahlt man zB in Dinar, aber bitte jeden Monat. Die Miete zahlt man alle drei Monate, aber bitte in Euro.

Und als es vor einigen Jahren zur Umstellung von der D-Mark auf den Euro kam, da flog man flugzeugweise die Euro ein und die D-Mark zurueck. Aber wenigstens wusste die Nationalbank wenigstens einmal, wieviel D-Mark wirklich im Umlauf waren. Das waren doch einige Milliarden.
Heute kämpft Serbien um die Stabilisierung der eigenen Währung. Die benachbarten Montenegriner haben sich das nicht angetan und gleich den Euro (oder vorher die D-Mark) als Währung eingeführt. Es bleibt dann zwar für die Nationalbank etwas weniger Spielraum für eine Politik, aber man hat kein Problem mit der Stabilität.

Mit der Stabilisierung der Währung in Serbien kam dann die Bankenreform. Ca. die Hälfte aller Banken wurde geschlossen, die anderen mussten hohe Abschreibungen vornehmen. Auslandsbanken wurden zugelassen, darunter viele österreichische und einige griechische. Viele Menschen legen ihr Geld lieber bei einer ausländischen Bank an. Einige serbische Banken wurden privatisiert, d.h. an ausländische Banken verkauft. Vor einigen Jahren waren serbische Banken noch sehr billig zu kaufen, jetzt muß man schon viel investieren, um eine neue Bank in Serbien zu etablieren.

Und mit den neuen Banken kam dann wieder die neue Kreditwelle.

Ein Amerikaner, ein Europäer und ein Serbe unterhalten sich, wie sie mit ihrem Gehalt auskommen.

Der Amerikaner prahlt, das er jeden Monat 10 000 USD verdient. 4 000 zahlt er an Hypothek für sein Haus, 2 000 an Raten für sein Auto, 1 500 gibt seine Frau aus, 1 000 Dollar verbraucht er selber und er hat keine Ahnung, wo die Differenz bleibt.

Der Europäer sagt, dass er 6 593.20 Euro im Monat verdient. 1 278.23 kostet der Kredit für sein Haus, 582.53 gibt er für Benzin aus. 3 951.43 bekommt seine Frau als Wirtschaftsgeld, 952.45 spart er und wo die Differenz bleibt, dass weiss er nicht.

Der Serbe erzählt, dass er pro Monat 25 000 Dinar nach Hause bringt. 22 000 gibt seine Frau aus, 5 000 kostet seine Wohnung, 18 000 kostet sein Auto, er selbst gibt 11 000 Dinar aus und wo die Differenz herkommt, hat er nie begriffen.

Die Leute verschulden sich, denn sie sehen hier eine Möglichkeit, sich endlich das neue Auto, die neuen Möbel oder einen Urlaub zu leisten. Und wenn es dann im Winter kalt wird, die Heizung nur elektrisch geht und die Stromrechnung in die Höhe schiesst, dann sind es Schulden von wenigen tausend Euro, die zu 16 % verzinst die Leute in schwere Probleme stuerzt.

Zu spät merken viele, was das serbische Sprichwort sagt: "Ljubav za ljubav, i sir za pare" - Liebe für Liebe und Käse für Geld.

<< Index >>

Akt. am 14. jan 2006