Die Feuerzangenbowle |
Eine Geschichte, aus der einer der bekanntesten Filme mit Heinz Rühmann werden sollte. Heinrich Spoerl hat den Roman geschrieben, und zweimal wurde er mit Heinz Rühmann verfilmt: einmal 1934 in einer stark abgeänderten Fassung als "So ein Flegel" und einmal 1944.
Es ist jedesmal die Geschichte des Hans Pfeiffer, der nie in einer richtigen Schule war: einer Schule mit Streichen, kauzigen Lehrern und einer Schülerliebe. Und er wird ermutigt, zu "wissenschaftlichen Zwecken" dies doch nachzuholen. Er, der von einem Privatlehrer ausgebildet und inzwischen fertiger Doktor ist, soll noch einmal die Schulbank drücken.
Dies gelingt, wenn ihn auch die "alte Welt" in Gestalt seiner Freundin einzuholen versucht. Inzwischen kann er - ohne Gefahr der Relegierung - in der Schule Unsinn machen.
"Mit wieviel F schreibt man Pfeiffer, einem oder zwei? - Mit drei F, Herr Professor, einem vor dem ei und zwei nach dem ei".
Die Schule fällt aus, als die Schüler ein Schild aufhängen: "Wegen Bauarbeiten geschlossen".
Im Karzer sitzend, wird er von den Mädchenschülerinnen beobachtet und als "Held" verehrt.
Als die Schüler in der Chemiestunde die alkoholische Gärung durchnehmen und auch einen Schluck Heidelbeerwein bekommen, werden sie scheinbar alle betrunken, obwohl "jädar nor einen wänzigen Schlock" bekommen hat. (Text)
Und schließlich ahmt er seinen Lehrer nach, und muß diese Rolle auch weiterspielen, als der Schulrat in der Türe steht.
Und natürlich gewinnt er Eva Knauer, die Tochter des Direktors, gegen die Konkurrenz des älteren Lehrers "Schnauz" Crey.
So ein Flegel | |
Uraufführung: 13. Februar 1934 im U. T. Kurfürstendamm (Berlin) |
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Heinz Rühmann (in einer Doppelrolle als Dr. Hans und
Schüler Erich Pfeiffer)
Ellen Frank (Marion Eisenhut) Regie: Robert
A. Stemmle |
Erste, stark veränderte Verfilmung der "Feuerzangenbowle". Der erfolgreiche Bühnenautor Dr. Hans Pfeifer plant ein Stück über die Schule. Um Material zu sammeln nimmt er den Platz seines Bruders ein, der als Primaner die Schulbank drückt. Der gestandene Doktor findet Vergnügen an den verrücktesten Streichen, während sein Bruder in der Großstadt versucht, die Rolle des Theatermannes auszuführen. Und dann funkt beiden die Liebe dazwischen. |
Die Feuerzangenbowle | |
Uraufführung: 28. Januar 1944 im U. T. Königstadt und Tauentzien-Palast (Berlin) |
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Heinz Rühmann (Dr. Johannes Pfeiffer)
Karin Himboldt
(Eva Knauer)
Albert Florath, Georg Vogelsang, Karl Etlinger, Georg Heinrich Schnell (die Herren der Feuerzangenbowle) Regie: Helmut
Weiß |
Der erfolgreiche Schriftsteller Dr. Johannes
Pfeiffer wird von seinen Freunden bedauert, daß er nie eine richtige
"Penne" mit "Paukern" erlebt hat, denn er ist von
einem Hauslehrer erzogen worden. In den späten Stunden einer
Feuerzangenbowle wird die Idee geboren, dies nachzuholen, und er begibt
sich aus Berlin in die Provinz.
Mit Primanermütze, Nickelbrille und Bücherbündel unterm Arm startet er sein Schulleben, in seiner Bude wohlversorgt von Witwe Windscheidt. Unter den Paukern sind viele Originale, und Hans Pfeiffer stiftet allerlei Unsinn, bis er seine Liebe trifft: die Tochter des Direktors. Doch die will einen Pennäler nicht heiraten, und daß es sich um den literaturpreisgekrönten Dr. Pfeiffer handelt, will sie nicht glauben. Also plant Pfeiffer den großen Streich, der den Schulverweis nach sich ziehen muß: er verstellt die Uhren des Prof. Schnauz, so daß dieser zu spät zur Schule kommt, er lädt die Mädchen der höheren Töchterschule ein, um im Chemieunterreicht Radium zu sehen, und er spielt den verspäteten Lehrer selbst. Doch da steht der Schulrat mit dem Lehrerkollegium zur Visitation in der Tür... |
Kanon: Der Frühling liebt das Flötenspiel
aus Heinz Rühmanns Erinnerungen über diesen Film:
Auch diese Rolle - den Pfeiffer mit den drei F - wollte ich nicht spielen. Ich hielt mich mit meinen einundvierzig Jahren für zu alt, um noch glaubhaft einen Primaner darstellen zu können. Erst Testaufnahmen unseres Kameramanns Ewald Daub überzeugten mich.
1943 kam eines Tages die Hiobsbotschaft aus Berlin, "Die Feuerzangenbowle" durfte nicht aufgeführt werden. Der für den Unterricht zuständige Minister Rust hatte den Film verboten. Begründung: Es fehle ohnehin der Nachwuchs für den Lehrerberuf, und man könne es sich nicht leisten, solche Typen als Lehrer zu zeigen. ... dann ein Anruf: ich solle mit einer Kopie ins Führerhauptquartier kommen. .. Es hieß, der Film würde spätabends besichtigt. .. Am nächsten Morgen erfuhr ich, daß der Film ein großer Erfolg gewesen sei. Mittags kam die Meldung, Göring hätte beim Frührapport berichtet und auch erzählt, daß der Film verboten sei. Warum, wüßte er nicht, gestern hätten jedenfalls alle schallend gelacht. Darauf Hitler: "Ist er wirklich so komisch?" Göring: "Wir haben uns auf die Schenkel geschlagen!" Hitler: "Dann soll er sofort anlaufen!"
Der Vorspann:
Dieser Film ist eine Liebeserklärung auf die Schule, aber es kann sein, daß die Schule dies gar nicht merkt.
Ein heiterer Film, dessen ernste Gedanken im Anfang und zu Ende kaum einer bemerkt: Warum ärgern die Schüler die Lehrer? Und welche Erziehungsmethode ist die Beste?
In der "Feuerzangenbowle" führen dazu der Oberlehrer Brett und der alte Lehrer Bömmel ein Gespräch, als sie dem Schulinspektor folgen: der Respekt der Schüler, ja, aber ist die Disziplin das Band, das alles zusammenhält, die dafür sorgt, daß die Bäume gerade wachsen? Hier vielleicht auch die Lösung der Frage: sorgen die guten Lehrer durch ihr Beispiel nicht selber dafür, daß es zu keinen Auswüchsen kommt?
Wenn dieser Film zunächst verboten war, so sollte man wissen, daß die Schule sowohl 1944 als auch in der Vorkriegszeit, in der der Film spielt, wesentlich autoritärer war als heute. Einblicke in das Schulleben, in der Lehrer sogar beraten, wie diese Autorität einzusetzen sei, hat es damals sicher selten gegeben. Wenn einige Szenen wie die oa. diese Frage aufwerfen, so sicher, um diesen Konflikt mit der damaligen Situation (und dem System als Ganzen) etwas abzumildern.
Interessant ist dazu, daß das Gespräch zwischen Brett und Bömmel (s.o.) im Orginaltext von Heinrich Spoerl gar nicht vorkommt, sondern quasi "von der Regie" zur Besänftigung der Behörden hinzugefügt wurde. Dagegen ist die im Roman erwähnte Turnszene (Brett macht mit den Schülern Freiübungen, die diese aber nicht mitmachen, da er ihnen den Rücken zukehrt) nur in "so ein Flegel", aber nicht mehr in der Feuerzangenbowle zu sehen - anscheinend war sie im sportfanatischen Nationalsozialismus zu gewagt. Denn Dr. Brett ist im Roman nicht der geistig überlegene Erzieher (das ist "Müller 2"), sondern ein "forscher" Mathematiker.
Sehr im Hintergrund steht in den Filmen der "kleine Luck", der im Roman alleine das Schild "Wegen Bauarbeiten keine Schule" aufgehängt hat. Er kommt auch in anderen literarischen Werken Spoerls vor, als strebsamer Klassenprimus, der von den anderen verachtet wird; der geistig überlegene, der von den Großen, Starken, .. überall in den Hintergrund gedrängt wird. Dieser "kleine Mann", der später so oft von Heinz Rühmann in Filmen dargestellt werden wird, ist wohl dem Mannesideal der damaligen Zeit nicht gewachsen und daher im Film zu einem normalen und unauffälligen Schüler geworden.
In beiden Filmen kommt auch ein weiterer Konflikt zum Ausdruck: Der Dichter Hans Pfeiffer, der von der mondänen Marion Eisenhut zur natürlichen (in der Feuerzangenbowle auch mütterlichen) Eva Knauer findet. Die elegante "Dame aus Berlin" kann einfach nicht verstehen, daß ihr Hans sich in der Provinz "sauwohl fühlt".
Feuerzangenbowle - was ist das eigentlich?
Ein etwas aus der Mode gekommenes Getränk: Rotwein wird mit Orange und Zimt gewürzt und in einem Kessel erhitzt, darauf wird eine "Feuerzange" mit einem Zuckerhut gelegt, der mit Rum getränkt und angezündet wird. Der geschmolzene Zucker fließt dann in die Bowle. (Rezept) Wer keine Feuerzange hat, kann auch ein feuerfestes Sieb nehmen. Beliebt in der kalten Jahreszeit trinkt sich eine solche Bowle recht angenehm, allerdings ist die Doppelwirkung von Rum und Rotwein recht ... ideenanregend.
Der Nachspann:
Wahr sind auch die Erinnerungen, die wir mit uns tragen; die Träume, die wir spinnen und die Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden.
Als Quelle diente Heinz Rühmanns Erinnerungen "Das war's", erschienen im Ullstein-Verlag 1982, "Heinz Rühmann und seine Filme" von Gregor Ball und Eberhard Spiess, Citadel Filmbuch erschienen bei Goldmann Magnum 1982, "Das große Heinz Rühmann Buch" erschienen bei Naumann & Göbel und "Heinrich Spoerl's gesammelte Werke" erschienen im Piper-Verlag 1965
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