Geschichten und Sagen zum Rhein:

Hochheim bis Bingen

 

Hock

Hochheim ist ein kleines Weinstädtchen in der Nähe von Mainz. Als die englische Königin Viktoria mit einem Sonderzug 1850 die Strecke befuhr, blieb der Zug ungewollt in den Weinbergen stehen. Die Winzer trösteten sie mit einigen Flaschen Wein. Dieser schmeckte der Königin so gut, daß sie jährlich einige Kisten Hochheimer Weines bestellte. Seit damals wird Rheinwein in Großbritannien "hock" genannt und ist dort sehr beliebt. Die dankbaren Winzer haben der Königin auch in den Weinbergen ein großes Denkmal gesetzt und sie haben die Erlaubnis bekommen, "Königin-Viktoria-Berg" zu nennen.

Zu der erwähnten Eisenbahnlinie gibt es übrigens noch eine Geschichte. Als die Eisenbahn um 1850 quer durch die Weinberge gebaut werden sollte, gründeten die erbosten Winzer eine Bürgerinitiative: der Geschmack des Weines würde durch den Rauch der Dampflokomotiven zu sehr beeinträchtigt werden. Aber die Bahn wurde trotzdem gebaut.

Als in der nun demokratischen Bundesrepublik die Bahnlinien nach dem zweiten Weltkrieg elektrifiziert werden sollten, protestierten die Winzer wieder: der typisch rauchige Geschmack des Hochheimer Weines drohte verloren zu gehen! Die Dampflokomotive kam trotzdem ins Museum, trösten wir uns damit, daß der Wein wieder "der alte" ist ... (Q1)

 

 

Die Entstehung des Rheinadels

Ein braver aber armer Binger Schiffer war einmal mit seinem Boot schon frühmorgens auf dem Rhein und fischte. Auf einmal zog es mächtig an seinem Netz, er konnte es kaum einbringen. Schließlich sah er, daß er eine Rheinnixe gefischt hatte. Er fürchtete sich sehr, denn er wußte, daß man mit diesem Volk nicht spaßen sollte. Aber die Nixe sprach zu ihm "Hilf mir bitte, und du wirst es nicht bereuen!" Sie war sehr lieblich anzuschauen, und der Schiffer hatte ein gutes Herz. "Was soll ich tun?" fragte er. "Ich bin eine Tochter des Flußkönigs, aber vor vielen Jahren von einer bösen Hexe verzaubert worden. Nun warte ich, daß ich auf einen guten Menschen treffe. Wenn Du so einer bist und die entscheidenden Worte kennst, so kannst Du mich erlösen". Der Schiffer wollte gerne helfen, er fragte "was sind die Worte?" "Was ist das wichtigste für einen Binger Bürger, damit er leben kann?" fragte die Nixe. Das war nun eine leichte Frage: "Weck, Worscht und Woi" (Brötchen, Wurst und Wein für unsere norddeutschen Freunde) rief der Binger Bub, und die Nixe warf ihren Schuppenschwanz ab und ein hübsches junges Mädchen kletterte ins Boot. Sie gefiel dem Fischer wohl und die beiden heirateten und hatten viele Kinder, die alle wackere Rheinschiffer wurden. Und weil ihre Mutter eine Königstochter war, legten sie so den Grundstein des Rheinadels, denn so werden die Schiffer genannt, die in den gefährlichen Untiefen des Rheines ihre Schiffe mit sicherer Hand ins Ziel steuern. (Q2)

 

Die Hungerfelsen

Zwischen Bingen und Rüdesheim sieht man im Rhein bei Niedrigwasser einige Felsen. Sie werden die "Hungerfelsen" genannt, denn Niedrigwasser im Sommer geht oft mit großer Hitze und Dürre einher, was eine schlechte Ernte verheißt.

 

 

Sang und Trunk

"Das am Rhein gesungen und getrunken wird, ist auch einem Jugendlichen bekannt" (Aus der Entscheidung der Film-Oberprüfstelle vom 20. März 1933, mit der das Verbot des Filmes "Lachende Erben" wieder aufgehoben wurde.)

 

 

Der alte Friedhof in Bingen

In Bingen gibt es drei Friedhöfe. Zwei, der heutige Hauptfriedhof und der jüdische Friedhof, liegen oben am Rochusberg am Waldrand. Der "alte Friedhof" liegt näher an der Stadt. Er wird nicht mehr belegt und wurde parkähnlich umgestaltet.

Anker-Grabstein auf dem alten Friedhof in Bingen Drei Grabsteine sind hier bemerkenswert. Zum einen ein Kapellenähnlicher zweistöckiger Grabstein mit einer kleinen Höhle, der heute oft durchwandernden Landstreichern als Nachtquartier dient. Daneben ein großer Anker, der auf dem Grab eines Kapitäns stand. Grabstein auf dem Alten Friedhof in Bingen "Wohl ist ihr und auch mir"

Weniger auffällig ist ein Stein rechts auf dem Weg vom nordwestlichen zum südwestlichen Eingang, den ein Apotheker seiner Frau setzte, die 1823 gestorben war.

Der Spruch auf diesem Stein lautet:

Wohl auch die stille Häuslichkeit
ist eines Denkmals wert.
Ihr sei es hier von mir geweiht
und wer die Tugend ehrt
auch in dem einfachen Gewand
Mir meinem Schmerz ist er verwandt.

Wie man sieht, läßt sich der Spruch auf zwei Arten lesen, denn die Frau war als rechter Drachen bekannt und dem überlebenden Witwer war auf Erden noch recht wohl, als seine Frau schon im Himmel weilte ...

Vom ewigen Streit des Ehepaares wußte die ganze Stadt. Der Vers soll von dem Binger Notar Faber stammen, der für seinen Spott und Witz auch gegenüber der Obrigkeit bekannt war.

 

 

Der Mühlstein im Rhein

Kaum einer kennt heute noch Niklas Vogt, aber zu seiner Zeit war der Wissenschaftler und Politiker, der von 1756 bis 1836 lebte, recht bekannt. Er gehörte zum Gefolge des Mainzer Erzbischofs, war Geschichtsprofessor an der Mainzer Universität, Leiter des kurfürstlichen Schulwesens und später Legationsrat in dessen Außenministerium. Und er war ein Freund Metternichs, der auf dem Johannisberg ein Schloß hatte und in dieser Zeit einer der mächtigsten Männer Europas war.

Niklas Vogt liebte den Rhein über alles und hat viel über ihn geschrieben. Er war ein überzeugter Europäer, für den der Rhein nicht Grenze, sondern das Herz Europas war. Er ist Verfasser von "Die europäische Republik". Gleichzeitig war er auch ein großer Liebhaber des Rheines, und in seiner Literatur hatte Adam nicht im Paradies, sondern am Rhein gelebt. Daher auch sein Wunsch, den ihm sein Freund Metternich erfüllte: sein Herz wurde im Rhein beigesetzt. Und am Mühlstein, dicht am rechten Rheinufer, zeugt heute noch ein Metallkreuz von der Stelle, wo dies geschah. (Q1)

Lithographie von F. W. Delcescamp (1829)

Als Hauptwerk gelten jedoch die vier Bände "Rheinische Geschichten und Sagen". Darin kommt auch die Geschichte der sieben Jungfrauen vor. Seine "Malerischen Ansichten des Rheins" von 1806 wurden Vorbild der Rhein-Reisebüchern des 19. und 20. Jahrhunderts.

Übrigens: warum heißt dieser Felsen "Mühlstein"? In alter Zeit wurde das Getreide in Flußmühlen gemahlen, die im Rhein verankert waren. Vielleicht diente dieser Felsen der Verankerung von solchen Flußmühlen. Ein solcher Müller war dann ein "Ankermüller", ein Name, den es heute noch in Bingen gibt.

 

Quelle 1: Warum ist es am Rhein so schön, Günther Janowitz, Sera Print, 2000

Quelle2: Binger Heimathefte

Quelle 3: Johannisberg-Web

 

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