Reisen an den Ufern des Rheins: Betten für Franzosen (Alexander Dumas)

 

Ein kleiner Unterschied, der das tägliche bzw. nächtliche Leben erschweren kann: Das Bett. Auszug aus den "Reisen an den Rheinufern" von Alexander Dumas (1838)
Seit ich den zuvorkommenden Herrn Simrock schätzen gelernt hatte, hatte ich eine weiter Bitte an ihn.
Ein Bett, in dem ein Franzose schlafen könne.
Das verlangt eine Erklärung.
Im allgemeinen schlafen wir Franzosen, dies zur Belehrung der fremden Völker, in einem Bett.

Gewöhnlich besteht dieses Bett aus einer 3 - 3 1/2 Fuß breiten und 5 - 6 Fuß langen Liege. Darauf kommt eine Rost, ein oder zwei Matratzen, ein paar weiße Bettücher, eine Decke, ein Pfühl, ein Kopfkissen; wenn man ins Bett geht, legt sich sein Besitzer zwischen die zwei Bettücher, und wenn er nicht vor dem Schlafengehen zuviel schwarzen Kaffee oder grünen Tee getrunken hat, von guter Gesundheit und guten Gewissens ist, schläft er ein: was die Dauer des Schlafes betrifft, das hängt von der Einteilung ab.

So kann in einem solchen Bett jeder Mensch schlafen, ob es sich um einen Deutschen, Spanier, Belgier, Russen, Italiener, Hindu oder Chinesen handelt, es sei denn er will nicht.
Aber in Deutschland ist das mit den Betten anders.

So wird ein deutsches Bett gebaut:
Zuerst eine 2 - 2 1/2 Fuß breite und 5 - 5 1/2 Fuß lange Liege. Prokrust hat Deutschland bereist und seine Modelle dortgelassen.
Auf dieser Pritsche liegt eine Art mit Holzwolle gefüllter Sack, der den Rost ersetzt. Auf diesen Holzwollsack kommt ein enormes Federbett. Darauf legt man ein Bettuch, welches kürzer und schmäler als das Federbett ist; der Wirt nennt diesen Stoffetzen ein Bettuch, ein Reisender würde es nicht einmal für eine Serviette halten.
Auf diesem Bettuch oder Serviette, wie man das fragliche Stück auch immer nennen will, liegt eine Steppdecke, dazu ein zweites Federbett das dünner als das Erste ist. Zwei oder drei Kopfkissen am Kopfende vervollständigen das seltsame Gestell.

Wenn sich nun ein Franzose in das Bett legt - da der Franzose einem quirligen und lebhaften Volk angehört, diesen Ruf haben wir in Deutschland - ein Franzose gräbt sich also nun unvorsichtigerweise ein, welcherart nach fünf Minuten die Kopfkissen auf einer Seite heruntergefallen sind, die Steppdecke auf der anderen, das Bettuch hat sich eingerollt und ist verschwunden; und so ist der Franzose in seinem Federbett begraben, eine Seite schweißgebadet und die andere eingefroren.
Er hat die Wahl.

Wenn es ein Deutscher ist - nachdem der Deutsche einem ruhigen und tugendhaften Volk angehört - der Deutsche behält Unterhose und Strümpfe an, er hebt vorsichtig die Steppdecke an, legt sich auf den Rücken, stützt seine Nieren mit Kopfkissen und seine Füße an das Bettende, in der Form eines Z, legt die Steppdecke auf die Kniescheiben, schließt seine Augen, schläft ein und wacht am Morgen auf, ohne seine Stellung geändert zu haben.
Aber man versteht, daß man um dieses Ziel zu erreichen ruhig und tugendhaft wie ein Deutscher sein muß.

Ich weiß nun nicht welche dieser beiden Eigenschaften mir gefehlt hat, aber was ich weiß ist daß ich nicht mehr schlafen konnte, zunehmend abmagerte und mein Husten mir die Brust zerriß.
Daher fragte ich nach einem französischen Bettzeug.
Herr Simrock hatte sechs davon.
Ich hätte ihm um den Hals fallen können.

 

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