Erhebung in den Adelsstand

Manche finden bei Ihren Vorfahren aus dem alten Österreich Adelige und fragen sich, wie und warum diese in den Adelsstand erhoben wurden. Dies gilt insbesondere für die Periode nach 1750. Im Adelsverzeichnis liest man z.B.:

Kaiser Franz II. erhob ihn in .. der Würdigung seiner Verdienste um die Hebung der Industrie und des Handels .. sowie wegen seiner hervorragenden Leistungen als Armeelieferant während des letzten Türkenkrieges 1788 bis 1790 am 25. Jänner 1794 mit “Edler von” .. in den Österreichisch-erbländischen Adelsstand. Mit Rücksicht auf seine Ansässigkeit und Begüterung in Galizien wurde ihm noch durch ein weiteres Diplom vom 17. Juni desselben Jahres der Galizische Adel verliehen.

Man sollte vielleicht wissen, daß Joseph II. - 'der Kaiser des kleinen Mannes' - dem alten Adel kritisch gegenüberstand. Er schuf dutzendweise neue Adelige, denn das war eine bequeme Art, die Staatskasse aufzufüllen. Für bloße 6 000 Gulden konnte man Baron werden, für 20 000 Graf, und 500 000 Gulden konnten einen in einen Fürsten verwandeln. Wenn man nun noch liest, daß Erzherzog Carl – der spätere Sieger von Aspern – 1801 bei seinem Dienstantritt als Oberbefehlshaber 154 866 unbezahlte Rechnungen vorfand… Jedenfalls wurden zwischen 1791 und 1820 1 177 Personen geadelt; 143 in den Ritterstand, 205 Freiherren, 31 Grafen und sieben Fürsten. Von den geadelten waren 32.2 % Beamte, 46.8 % Offiziere und 9.2 % Wirtschaftstreibende. 1781 – 1790 waren sogar 18.2 % der Geadelten Wirtschaftstreibende gewesen. Im “Vormärz”, also vor 1848, machten Großhändler und Bankiers 64 % der geadelten Wirtschaftstreibenden aus, 52 % der geadelten Wirtschaftstreibenden gehörten Randgruppen an, das waren u.a. die Juden. Man kann also mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit annehmen, daß der Adelstitel eine Kompensation für eine finanzielle Verbesserung der Staatskasse war, sei es ein Titelkauf, ein Ausgleich für unbezahlte Rechnungen oder einfach nur der Dank an einen geschickten Verkäufer von Staatsschuldscheinen.

Jedenfalls hat der Staat seine Einnahmen mit der Adelserhebung aufgebessert, denn diese kostete 1 075 fl für den einfachen Adelsstand. 10 % Zuschlag waren für das Prädikat "Edler" fällig. Der Ritterstand kostete 1 575 fl, und wenn zu Adelnde noch 3 150 fl hinzugelegt hätten, wäre er vielleicht Freiherr geworden. Diese Taxen waren pro Mann fällig, wenn man die Brüder oder Söhne mitbedenken wollte. Für Frauen kostete es dagegen nur die Hälfte – hätte sich eine solche Frau später mit einem Nichtadeligen wiederverheiratet, wäre der Adel ja auch wieder verloren gegangen. Aber das war nicht alles, es kam noch eine Schreibgebühr, die Kosten des Wappenmalers, die Gebühr für den Wappenzensor und die Buchbinderkosten dazu. Und schließlich mußte man auch die Kapsel für das kaiserliche Siegel und die dazugehörigen Schnüre selbst bezahlen. Wie weise waren doch die Finanzminister jener Zeit, die sich mit einer lächerlich geringen Mehrwertsteuer (bzw. deren Vorläufern, den Akzisen) zufrieden gaben und die Staatskasse dafür mit den freiwilligen Abgaben der Eitlen füllten! Natürlich waren mit dem Adelsstand auch Privilegien verbunden, zB das Recht, Sporen zu tragen, und viele wollten sich "Sporen verdienen". Schließlich wurde oft um den Adelsstand angesucht, weil es den Karrieren der Kinder förderlich war. So war die Militärakademie in Wiener Neustadt dem Adel vorbehalten. Andererseits sollte erwähnt werden, daß der Adel zu Beginn des 19. Jahrhunderts an verdiente Personen verliehen wurde, eine Neuerung nach dem Prinzip "Leistung muß belohnt werden", sei es beruflich oder auch als Dank für wohltätige Schenkungen und Stiftungen. Ein Offizier wurde nach dreißig Jahren Dienstzeit adelig, wenn er einen Feldzug mitgemacht hatte, oder nach vierzig Jahren, auch wenn er keinen solchen mitgemacht hatte. Dazu mußte er aber eine tadellose Führung bewiesen haben, also keiner der zahlreichen Versuchungen in den öden Garnisonsorten, ob es Glücksspiel, Alkohol oder sonstiges, erlegen sein. Dies war immerhin doch ein guter Anreiz, und diese Verleihung erfolgte außerdem "taxfrei". Sollte er für Tapferkeit das Maria-Theresia-Kreuz bekommen haben, dann hatte er ebenfalls Anspruch auf den Adelstitel, und wenn er den Leopoldsorden oder den Orden der eisernen Krone verliehen bekam, konnte er mit guten Chancen um den Adelsverleih ansuchen. Der Adelsnamen hatte einmalig zu sein. Wenn er um das Prädikat "von .. " ansuchte, mußte es sich bei dem Ortsnamen um einen Phantasienamen handeln, denn die "echten" Ortsnamen waren den ansässigen Uradeligen vorbehalten. Dies erklärt Titel wie "von Eichthal" oder "Köbl von Gaysing" .

Mit dem Adelsgesetz vom 3. April 1919 wurde der Adel aufgehoben und das Führen des Adelstitels im öffentlichen Gebrauch in Österreich verboten. Da die Ordenskommissionen des ersten Weltkrieges ihre Arbeit aber noch nicht beendet hatten, wurden Maria-Theresien-Orden mit Adelsanspruch auch später verliehen. Da man eine Rückkehr zur Monarchie nicht ausschließen wollte, nahmen die Adelsverzeichnisse auch weiter neue Adelige auf. Im Ständestaat war das Führen der Adelstitel wieder erlaubt. In Deutschland wurde der Adelsname zu einem Teil des Familiennamens. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Führen der Adelstitel in Österreich wieder verboten. Mit der Abschaffung entfällt das "von", bei den zusammengesetzten Namen bleibt der erste Teil und das "von nn" entfällt.

Quellen:

Wenn die Vorfahren adelig waren, was bei Offizieren oder Beamten häufig vorkam, können sie in den verschiedenen Adelsverzeichnissen gefunden werden.


Akt. am 18. juil. 2007