Zwei alte Offiziere stehen nach dem ersten Weltkrieg beieinander und erinnern sich: So scheene Uniformen hammer g'habt! Und so a scheene Musik! Und so fesche Männer! Und was ham's gmacht mit derer Armee? In den Krieg hamm'ses gschickt!

 

Erster Weltkrieg - Mobilmachung

Am frühen Nachmittag des 31. Juli 1914 verbreitete sich die Nachricht der allgemeinen Mobilmachung. Der Kommandant der k.u.k. 1. Armee Viktor Freiherr von Dankl notierte in Innsbruck: "Gott sei Dank, das ist der große Krieg!" Am Nachmittag zog bereits die Musik aus, um diesen großen Krieg auch gehörig zu feiern.

Das Innsbrucker XIV. Korps der Kaiserjäger wurde nach Galizien verlegt. 4 000 Militärzüge mit je 50 Wagen transportierten die Truppen der "R-Staffel" nach Galizien. Sie fuhren durch die "B-Staffel" der an die Serbische Front geschickten Truppen hindurch, die teilweise kaum angekommen wieder herumgeworfen und an die russische Front transportiert wurde – das Eisenbahnbüro hatte nämlich zunächst nur für den Krieg mit Serbien mobilisiert und nach der russischen Kriegserklärung ein Abbrechen des Aufmarsches und eine sofortige Verlegung der Truppen an die russische Grenze aus eisenbahntechnischen Gründen für unmöglich erklärt. Die Fahrt ging auch nicht gerade mit rasender Geschwindigkeit vor sich. Die Züge, die zum Großteil nicht mit Durchzugsbremsen ausgestattet waren, konnten maximal 25 km/h fahren. Aber um immer einen Überblick über den Transportablauf zu haben, hatten die Züge mit etwa der gleichen Geschwindigkeit zu fahren. Selbst die Transporte auf sehr gut ausgebauten und doppelgleisigen Strecken durften im Grunde genommen nicht anders fahren als jene auf einer schmalspurigen Bergbahn. Alle Transporte hatten ihre Geschwindigkeit jener der schwächsten Lokomotive und den ältesten Bremsvorrichtungen anzupassen. Daher durften die Züge nicht einmal mit der errechneten Geschwindigkeit von 25 km/h, sondern nur mit 18 km/h fahren. Doch die Verzögerungen gingen auch auf die durchschnittlich sechs Stunden "Verköstigungs- und Verwässerungspausen" zurück, obwohl die Truppen Fahrküchen mithatten und diese Pausen nicht brauchten. Am Beispiel einer Preßburger Armee, die in fünf Tagen nach Sambor in Galizien verlegt wurde, schreibt Norman Stone, daß auch ein gesunder Fußgänger diese Strecke in diesem Zeitraum bewältigt hätte! Der deutsche Eisenbahnaufmarsch erfolgte dagegen mit durchschnittlich 30 km/h.

Es kann nur gemutmaßt werden, inwieweit der Verrat der österreichischen Aufmarschpläne durch den Oberst Redl, der verzögerte Aufmarsch, die unpassende Ausrüstung – die Kavallerie rückte wie zum Hofball in roten Hosen, himmelblauer Ulanka und alles leuchtend und glitzernd von Silber und Gold aus, denn es fehlte das Geld, auch für die Kavallerie feldgraue Uniformen anzuschaffen - der rascher als erwartet zustandegekommene russische Aufmarsch oder die deutsche Entscheidung, weniger Truppen als versprochen im Osten, dafür aber mehr entlang des Rheines gegen Frankreich einzusetzen; den Ausschlag für die militärische Katastrophe im Osten verursacht haben. (siehe: Manfried Rauchensteiner: Der Tod des Doppeladlers; Styria 1997)

Erster Weltkrieg - Ostfront

Das 2. Regiment wurde am 7. August von Tirol aus in Marsch gesetzt. Über Salzburg, Preßburg und Budapest ging die Fahrt nach Galizien, wo das Regiment zwischen Przemysl und Lemberg ausgeladen wurde. "Ein Mords-Dreck, schwärzlich, klebrig, es nieselt" schreibt ein Offizier. Dann wurde marschiert, auf der endlosen, immer schnurgeraden Landstraße. Die Kaiserjäger nahmen an der Schlacht bei Komarow teil, wo sie den Sieg über die russische 5. Armee errangen. Aber das führte zu einer Aufsplitterung der Kräfte, wo Konzentration anzuempfehlen gewesen wäre. Die Angriffskraft erlahmte. Die Unterstützung durch deutsche Truppen blieb aus, die österreichischen Truppen zogen sich zurück. Die Russen hatten moderne, weiter tragende Geschütze, mehr Maschinengewehre und waren zahlenmäßig überlegen. Am 2. September fiel Lemberg. Zum ersten Mal hatte man das Gefühl, daß nur mehr das Chaos regierte. Die zurückgehenden Trains verkeilten sich. Die Vorratslager wurden .. mit Petroleum übergossen und angezündet – die zurückgehenden Fronttruppen fanden statt Nachschub und Verpflegung nur mehr schwelende Trümmer vor. Am 11. September mußten die Truppen hinter den San zurückgehen. Eine ganze Reihe von Armeeführern wurde ausgetauscht.

Die Festung Przemysl wurde von den Russen belagert, konnte aber zwischen dem 7. und 12. Oktober durch die Österreicher entsetzt werden. Aber die österreichische Offensive stieß auf das, was später die "russische Dampfwalze" genannt wurde und blieb am San stecken.

Die Verluste, die die österreichisch-ungarische Armee erlitten hatte, waren enorm. Von den 800 000 Mann, die mit den Operationen am nordöstlichen Kriegsschauplatz begonnen hatten, waren 1914 rund 400 000 verlorengegangen, davon 100 000 Kriegsgefangene und 155 000 - 189 000 Tote – fast die Hälfte des Friedensheeres. Die Russen hatten nur 250 000 Mann verloren. Die Eisenbahn verlor 15 000 Waggons, welches langfristige Transport- und Versorgungsprobleme zur Folge hatte. Und die Verluste betrafen die jungen, aktiven Truppen, die nunmehr aus Ersatzformationen mit älteren Reservisten aufgefüllt wurden. Przemysl wurde ein zweites Mal belagert. In einer sinnlosen Offensive, „einem der rücksichtslosesten Abenteuer der Kriegsgeschichte", stolperten die Österreicher im Jänner 1915 bei – 25° die Karpaten abwärts. Die nicht überraschten Russen starteten eine Gegenoffensive, in deren Folge das vorher gewonnene Gebiet verloren ging. Przemysl, welches bei der ersten Belagerung ausreichende Vorräte hatte, war bei der ersten Befreiung von den Österreichern quasi geplündert worden. Von den Russen unbesiegt, aber vom Hunger bezwungen, fiel die Stadt nach einem gescheiterten Ausbruchsversuch. Das ganze Kronland Galizien war in russischer Hand – ein Gebiet fast doppelt so groß wie die Schweiz. Erst mit der Hilfe deutscher Truppen konnte im Frühjahr 1915 die Lage stabilisiert werden.

 

Erster Weltkrieg - Przemysl

Am 16. August 1914 befahl das österreichische Armeeoberkommando den Feldarmeen, sich aus der Gegend von Przemysl zurückzuziehen, die Festung sei "auf das Äußerste zu halten". Die Befestigung war imposant: 24 Stützpunkte, 200 Batteriestellungen, 50 km gedeckte Gräben, 1000 km Stacheldrahtverhaue, Depots, Magazine, Ställe und 1000 Geschütze. Letztere wurden als "Scheinbatterien" bezeichnet, denn ein Drittel war Muster 1861 - im Konzept mehr als 50 Jahre alt. Festungskommandant war Feldmarschalleutnant Hermann Kusmanek von Burgneustädten. 130 000 Österreicher waren in der gut versorgten Festung eingeschlossen. 

Zwischen dem 7. und 12. Oktober 1914 gelang es Svetozar Boroevic mit drei Armeen, Przemysl zu entsetzen. Aber die schlecht versorgten Armeen deckten sich in der Festung ein, und als die Armeen sich Anfang November zurückzogen, war die Festung schlechter versorgt als vor dem Entsatz. Die Karpatenoffensive im Januar 1915 konnte Przemysl nicht befreien, und mangels Vorräte und Munition kapitulierte die Stadt am 22. März, 120 000 Soldaten gingen in Gefangenschaft.

Nach der Doppelschlacht bei Tarnow-Gorlice drängte Österreich-Ungarn mit starker deutscher Unterstützung die Russen wieder zurück, am 3. Juni 1915 besetzten bayrische Truppen unter GFM Mackensen die Stadt Przemysl.

 

Erster Weltkrieg - Italien

Inzwischen hatten sich die jahrzehntealten Spannungen mit Italien verschärft. Eigentlich war Italien mit Deutschland und Österreich-Ungarn im Dreibund verbündet. Italien verlangte aber 1914 territoriale Kompensationen für die temporäre Besetzung Serbiens. Kaiser Wilhelm II. begrüßte eine Abtretung des Trentino an Italien – Adolf Hitler hat ja später ebenso großzügig auf Südtirol verzichtet! Aber Kaiser Franz Josef erklärte, dann lieber abdanken zu wollen. Österreich bot Italien Nizza, Korsika, Tunesien und Albanien an. Diese Gebiete waren zu diesem Zeitpunkt allerdings leider „mangels Eroberung noch nicht verfügbar", und Italien lehnte ab. Rußland dagegen wollte das Trentino und noch mehr Gebiete gerne an Italien geben! Anfang 1915 verhandelte Italien mit der Entente, die großzügige Gebietszuwächse an Italien versprach. Deutschland versuchte, Österreich zu Zugeständnissen zu bewegen, ja es bot sogar die Rückgabe des von Friedrich II. eroberten Schlesiens als Kompensation an. Italien sollte im Falle der Neutralität einen Milliardenkredit erhalten. Selbst Österreich war nun zu Gebietsabgaben bereit. Italien steigerte aber seine Forderungen immer mehr: es war ein Pokerspiel, bei dem schließlich die Entente der Bestbieter war. Am 23. Mai 1915 erklärte Italien Österreich-Ungarn den Krieg, 1916 auch dem deutschen Reich.

Italien hatte schon lange seine Armee vorbereitet. Für Österreich kam diese neue Front sehr ungelegen, die letzten Reserven wurden mobilisiert. Wie schwer die Verluste der Kaiserjäger bis dahin gewesen waren und warum man pensionierte Offiziere mobilisierte, zeigt die Zahl vom 19. Juli 1915, daß bei den Kaiserjägern 370 Offiziere und 10 240 Mann tot, gefangen, verwundet oder krank und nur 40 Offiziere und 1 300 Mann übriggeblieben waren. In einem anderen Buch wird erwähnt, daß die Tiroler Kaiserschützen, also die Reserveeinheiten, fast mit Gewehren aus dem vorigen Jahrhundert ausgerückt währen, wenn nicht im letzten Moment noch ein Eisenbahnwaggon neuer deutscher Gewehre angekommen wäre.

Die Kaiserjägern gingen an die Isonzofront. Im September kam es dort zum Kampf um Tolmein, nördlich der Kampfgebiete der Isonzoschlachten. Später wurden die Kaiserjäger nach Südtirol verlegt, die Einheit kämpfte um Travenanzes, im Fanes/Stuwaabschnitt, im Februar 1916 um Folgavia. Die Kaiserjäger lagen über die Front verstreut quasi als ein Korsett in Truppen aus anderen Landesteilen, die zum Teil vorher noch nie einen Berg gesehen hatten. Im Mai 1916 begann eine österreichische Offensive in den Dolomiten. Jeder Ort wurde zur Festung, jede Bergwiese zur Kampfzone, jeder Paß zur toten Erde. Es entstanden unendliche Versorgungsprobleme, weil der gesamte Nachschub über unzählige Pässe, Täler und Berge erfolgen mußte. Der legendäre Feldmarschall Svetozar Boroevic de Bojna, der den Italienern in den zahlreichen Schlachten am Isonzo standgehalten hatte, hielt den Plan für eine „fixe Idee des Bergsteigers Conrad". Aber der junge Thronfolger Karl sollte sich hier als Armeeführer profilieren. Es war ein bisher einmaliger Versuch, mit zwei Armeen im Hoch- und Mittelgebirge eine riesige Operation zu beginnen und so die Kriegführung zu revolutionieren. Die ganze Offensive war 1000 km entfernt am Schreibtisch in allen Details geplant worden. Conrad hatte für die Strecke Südtirol – Venedig sechs Tagesfortschritte zu je 20 km vorgesehen. Aber der Vormarsch wurde zu einer unvorstellbaren Marter für Mann und Tier. Die am weitesten gekommenen Soldaten konnten bereits in die italienische Ebene sehen, aber die italienische Tapferkeit überzeugte die Österreicher, daß die „welsche Feigheit" eine Erfindung der Kriegspropaganda war. Mangels Versorgung, Artillerie und frischer Truppen mußte die Offensive eingestellt werden.

 

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