Zwei alte Offiziere stehen nach dem ersten Weltkrieg beieinander und erinnern sich: So scheene Uniformen hammer g'habt! Und so a scheene Musik! Und so fesche Männer! Und was ham's gmacht mit derer Armee? In den Krieg hamm'ses gschickt!

 

Regimentsaufstellung und Beförderung

Der Galizische Adel hatte in den Napoleonischen Kriegen dem Kaiser vorgeschlagen, auf eigene Kosten ein Ulanenregiment aufzustellen. So wurde am 10. Dezember 1813 das Ulanenregiment Kaiser Nr. 4 mit 1 747 Mann und 1 675 Pferden zum Krieg gegen Frankreich aufgestellt. Zwei Drittel der Offiziersposten waren dem galizischen Adel vorbehalten (Geschichte des kuk Ulanenregiments Kaiser Nr. 4). Bis zur Reform 1771 konnten die Regimentsinhaber alle Offiziere bestimmen und die Chargen um ansehnliche Geldbeträge verkaufen. Die Regierung war allerdings mit diesen Zuständen, bei denen unbedarfte, aber reiche Laien rasch das Kommando von großen Truppenverbänden bekamen, nicht sehr zufrieden. Es kam damals zu dem Kompromiß, daß bis zum Hauptmann/Rittmeister die Offiziere weiterhin von den Inhabern vergeben werden konnten, aber die Stabsoffiziere vom Major an vom Hofkriegsrat ernannt wurden. Erst ab 1868 wurden alle Offiziere vom Landesverteidigungsministerium befördert. (aus: Gerd Holler: Für Kaiser und Vaterland, Offizier in der alten Armee (Offizier); Amalthea-Verlag Wien 1990)

 

Aussehen eines Offiziers

Es entsprach im Ulanenregiment Nr. 4 bei Haaren und Backenbart der Vorschrift von 1805: Schnurrbart abwärts gestrichen bis an die obere Lippe.

 

Die allgemeine Dienstzeit

war 1811 auf 14 Jahre festgelegt worden.

 

Offizierssold:

Einem Leutnant standen pro Tag sieben Mund-, vier Pferd- und dreieinhalb Brotportionen pro Tag zu, wobei eine Mund- oder Pferdeportion 4 Gulden 30 Kreuzer im Winter und 3 Gulden im Sommer wert war und eine Brotportion einen Kreuzer.

 

Löhnung & Kost

Die bis zum Ende der kaiserlichen Armee gültige Regelung wurde mit dem Gebührenreglement von 158 festgelegt: Löhnung, Kost, Brot, Quartier, Bekleidung und Limito-Rauchtabak. Die Löhnung wurde bis 1913 von fünf zu fünf Tagen ausbezahlt. Die tägliche Brotportion, ein äußerst dunkles Roggenbrot mit viel Kleie, betrug ca. 840 gr und wurde ähnlich der Löhnung alle fünf Tage aus dem Verpflegsmagazin gefaßt.

Fleisch war der Hauptbestandteil der Kost, auch Freitags. Im Frieden war dies ca. 190 gr., dazu Zuspeise. Es wurde normalerweise gekocht, manchmal gedünstet.

Das Frühstück wurde in natura verabreicht, aber in Geld berechnet: 2.5 Heller, ab 1908 4.5 und ab 1909 5 Heller. Dies reichte für 5 gr. Bohnen- und Feigenkaffee und 10 gr Zucker oder einen halben Liter Einbrennsuppe (aus 26 gr Semmelmehl, 10 gr Schmalz und 1.5 gr Kümmel) oder einen Viertelliter Magermilch. Ein Nachtmahl wurde erst 1899 eingeführt. Zum Essen wurde Wasser getrunken.

Nach dem Dienstreglement hatte die Menage auf die religiösen und nationalen Eigenheiten der Regimenter Rücksicht zu nehmen.

 

Armeedeutsch

Welch ein irreführender Ausdruck der Alltagssprache unserer Vorfahren! Die deutsche Sprache ist ja viel zu arm um den Bedarf an Ausdruck zu decken, den die k.u.k. Armee hatte. Und die elf Sprachen, in denen das Reglement gedruckt war, reicherte es an. "Es ist sich anher zu melden …" hieß es auf Deutsch mit slawischem Einfluß. Gattje hieß offiziell die Unterhose, aus dem polnischen kate stammend, cvilinky hieß auch bei den Tiroler Kaiserjägern die Zwilchgarnitur, bistuntaly die Bestandteile des Gewehres und zupak – das war der altgediente Unteroffizier. (Friedrich Torberg: Kaffeehaus war überall, Langen Müller Verlag 1982, S. 216f )

 

Nobilitierungsinflation

Zwischen 1791 und 1820 1 177 Personen geadelt; 143 in den Ritterstand, 205 Freiherren, 31 Grafen und sieben Fürsten. Von den Geadelten waren 32.2 % Beamte, 46.8 % Offiziere und 9.2 % Wirtschaftstreibende.


Das Militärverdienstkreuz

Von Kaiser Franz Joseph für Offiziere gestiftet, "welche im Kriege durch höhere Einsicht, Muth und Entschlossenheit .. besonders ersprießliche Dienste geleistet haben."


Offiziersfamilie:

Am Sonntag wurde die Parade abgenommen wurde, wobei die Kinder in Matrosenuniform plus Hund in Linie strammstanden. Eine entsprechende Szene kommt auch im Film "Sound of Music" vor, welche vom Leben des österreichischen Weltkriegshelden und U-Bootkapitäns Baron von Trapp handelt.

 

Napoleon und die kaiserlich-österreichischen Offiziere

Napoleon würdigte die Treue, Ehre und die Disziplin des kaiserlichen Offizierskorps und sagte, er wäre nie besiegt worden, wenn er ein Offizierskorps wie das österreichische gehabt hätte.

Kriegslust nach 1815

Die Herzen der Militärs begannen höher zu schlagen als sich in den Offizierscasinos das Gerücht einer bewaffneten Intervention verbreitete. Alle hofften, endlich wieder dabeizusein. Als mit der Konferenz von Laibach der Frieden gesichert zu sein schien, war die Hoffnung vieler Offiziere, sich Orden und Meriten zu verdienen, um die Karriere zu fördern, zeronnen. Ein unbekannter Autor schilderte die Stimmung in Offizierskreisen in diesen Tagen: "Krieg ist die Sehnsucht jedes jungen Soldaten! Wenn in den Abruzzen ein versprengter Jung-Italiener unerlaubt Kohlen brennt, ja, sobald nur ein türkischer Schiffsnagel am nordischen Magnet hängen bleibt, heben wir hoffend die Köpfe wie Frösche aus dem Teich und quaken: Was gibt’s? Hat man uns gerufen?" Österreich sandte 50 000 Mann an den südlichen Kriegsschauplatz, vielen Offizieren stand die Enttäuschung, nicht berücksichtigt zu werden, in den Gesichtern.

Das Jahr 1848

Die Armee war im Unruhejahr 1848 in eine große Zerreißprobe geraten, denn ein Teil der Truppen folgte der revolutionären ungarischen Regierung und ein anderer Teil blieb dem Kaiser treu und alle mußten gegen die eigenen Kameraden zu Felde ziehen. Ein aufständischer ungarischer Offizier beschreibt die Armee von 1848: "Die österreichische Armee unterschied sich dadurch von allen übrigen Armeen, daß sie weder eine nationale, noch eine Sieges-Tradition besaß. .. Das Band, das sie verknüpfte, war der Fahneneid, die Disziplin .. und das österreichische Offizierskorps. Bei diesem letzteren herrschten zwei Ideen: die Kameradschaft unter allen Mitgliedern .. und die Anhänglichkeit an den Herrscher. .. Jeder Offizier kannte kein anderes Vaterland als die Armee. .. Die allen gemeinsame Sprache war die deutsche, besser gesagt, ein eigentümlicher Dialekt derselben, den die Deutschen ganz richtig Armeedeutsch nennen .. Man gab den Offizieren nur eine einseitige Fachausbildung und war bestrebt, ihnen jedes selbständige Denken zu unterdrücken .. Aus den Kreisen der Offiziere, die man durch blinden Gehorsam das Denken entwöhnt hatte, wuchsen keine Genies heran .. Jedermann weiß es, daß die österreichische Armee aus tüchtigen militärischen Elementen besteht, daß sie sich immer heldenmütig schlägt, aber niemals siegt"

Offiziersfrauen:

Die Frau wird eine "gute Partie" gewesen sein, denn für eine Heirat eines Offiziers mußte damals eine Kaution gestellt werden, zumeist von den Eltern der Braut. Diese wurde fällig, damit der Staat im Todesfalle der Witwe eine angemessene Rente auszahlen konnte, und die mußte ja irgendwie finanziert werden. Die Höhe der Kaution war daher auch von der Gefährlichkeit der Position des Offiziers abhängig. Dies ermöglichte gleichzeitig eine gewisse Kontrolle, daß die Herren Offiziere nur standesgemäße Ehen eingingen. Denn es gab kaum eine peinlichere Situation, als einen Offizier zu sehen, der mit materiellen Sorgen zu kämpfen hatte oder gar verschuldet war. Um Offiziere des Kaisers vor solcher Unbill zu bewahren, wurde die Eheerlaubnis eingeführt. Bis zur großen Heeresreform gab sie der Regimentsinhaber, danach das Landesverteidigungsministerium. Jahrzehnte hindurch war es den Leutnants und Oberleutnants überhaupt verboten zu heiraten. Im Generalstabskorps mußte die Hälfte der Offiziere bis zum Oberstleutnantsrang unverheiratet bleiben, bei allen anderen Einheiten ein Viertel. War es einem Leutnant ausnahmsweise gelungen, eine Eheerlaubnis zu erlangen, mußte er den Nachweis bringen, daß er mit einem jährlichen Nebeneinkommen von 1 200 Gulden rechnen konnte. War es einem Offizier in den Sinn gekommen, trotz Verweigerung der Eheerlaubnis ein armes, unbemitteltes Mädchen zu heiraten, mußte er sofort seinen Dienst liquidieren und als Zivilist eine untergeordnete Stellung annehmen. Die verantwortlichen Stellen nahmen es lieber in Kauf, einen tüchtigen Offizier zu verlieren, als Einschränkungen in der Vorgangsweise der Eheerlaubnis zu tolerieren.

Die Eltern von Friederike Adamer konnten die Kaution nicht aufbringen konnten. Daher stürzte sie sich um 1820 von der Festungsmauer in Kufstein. Ein Gedenkstein "der Asche Friederikens" – denn Selbstmörder dürfen ja nicht auf einem kirchlichen Friedhof begraben werden – ist dort heute noch am Ufer des Inn zu sehen. So hat die Erinnerung an ihre Liebe die Erinnerung an manche andere standesgemäße Ehe überdauert!

 

Militärschulen (I.)

1746 hatte Maria Theresia die Theresianische Ritterakademie gegründet, die zuerst von den Jesuiten geleitet wurde. 1769 wurde dieser mit der "Militär-Pflanzschule" für arme adelige Offizierskinder zur Theresianischen Militär-Akademie verschmolzen. 304 Plätze waren Söhnen von Offizieren vorbehalten, deren "Väter als Oberofficiers mit Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten gedient hatten, wobei erstlich auf Waisen, zweitens auf Kinder besonders verdienstlicher Eltern oder solchen, die in Ländern und Gegenden ihre Dienstleistungen verrichten, wo sie keine Gelegenheit hatten, für den Unterricht ihrer Kinder zu sorgen, Bedacht genommen wurde." Der Auftrag der Kaiserin an den ersten Direktor lautete: "Mach er tüchtige Officiers und rechtschaffene Männer daraus". Später wurden Kadettenschulen im gesamten Gebiet der Monarchie gegründet, so in Lobzow bei Krakau. Die Eltern mußten Schulgeld zahlen. Die Schulung dauerte vier Jahre, danach wurden die Besten als Offiziers-Stellvertreter zur Truppe entlassen, die übrigen als Feldwebel. Eine Beschreibung lautet: Es gab in der Anstalt acht Schlafsäle zu je fünfzig Betten. An jeden Saal grenzte ein Offizierszimmer. Nachts brannten in den Sälen Licht, ein Militärinvalide hielt Nachtwache. Sogenannte "Kampelweiber" sorgten für die körperliche Hygiene der Kinder. Je zwei Schlafsäle hatten eine gemeinsame Toilette zur Benützung, in denen keine Türen vorhanden waren und in denen ebenfalls Militärinvalide Wache hielten. Die Toilettanlagen durften nur einzeln betreten werden, die Aufenthaltsdauer war limitiert. Im Haus herrschte strenge Zucht, die Prügelstrafe war obligatorisch. Vor jedem Schlafsaal stand eine steinerne Rinne mit Wasserhähnen. Sowohl im Sommer als auch im Winter durften sich die Zöglinge nur mit kaltem Wasser waschen. Täglich um 8 Uhr morgens wurde zur Kirche marschiert, alle zwei Monate war die Beichte und Kommunion obligatorisch. Zum Frühstück und zur Jause gab es nur ein Stück Brot. Kuchen und Näschereien waren verpönt. Am Freitag und am Samstag gab es für alle zum Essen Wein, um sie langsam an den Weingenuß zu gewöhnen, denn sie hätten in Garnisonen verlegt werden können, in denen das Wassertrinken gesundheitsschädlich war.

Militärschulen (II.)

Eine normale Offizierskarriere begann ab dem zehnten Lebensjahr mit der Absolvierung einer vierjährigen Militär-Unterrealschule, dann eine dreijährige Militär-Oberrealschule.

Das Leben der "Fisolenbuben", so wurden die Militärzöglinge genannt, weil sie täglich Fisolen oder Bohnen zu essen bekamen, war auch nach vielen Reformen in späteren Jahren noch immer hart und entbehrungsreich. Wecken im Sommer um 5 Uhr, im Winter um 6 Uhr. Waschen zu jeder Jahreszeit mit kaltem Wasser im Waschtrog. Zum Frühstück gab es jetzt nebst Brot eine Einbrennsuppe. Mittags und abends wurde Fleisch serviert. Täglich standen sieben Stunden theoretische Fächer auf dem Lehrplan, dagegen gab es kaum Turnstunden. Zweimal täglich wurde unter der Obhut eines Feldwebels ein Spaziergang gemacht. Erst in der Oberrealschule wurde mit Waffen geübt. Die letzten Jahrgänge der Schule hießen Burgherren, da sie sich den anderen gegenüber reichlich Privilegien herausnahmen. Das Unterrichtsprogramm umfaßte siebzig Gegenstände. Als Auswahl der wichtigsten Lehrbücher: "Deutsche Grammatik", "Ungarische Grammatik", "Böhmisches Sprachbuch", "Kroatische Grammatik", "Italienische Grammatik", "Rumänische Grammatik", "Französische Elementar-Grammatik", "Geographie", "Lehrbuch der Geschichte", "Physik", "Lehrbuch der Chemie", "Arhtmetik, Geometrie und Logarithmen", "praktische Geometrie", "Lehrbuch des privaten und öffentlichen Rechts", "Militär-Strafgesetz", "Militär-Administration", "Waffenlehre für Cadettenschulen", "Feldbefestigungen und Festungskrieg", "Pionierdienst", "Exerzierreglement für die Infanterie und Kavallerie", "Dienstreglement Theil I bis III", "Taktik", "Terrainlehre", "Geometrisches Zeichnen", "Gabelsberger Stenographie", "Waffen- und Schießinstruction für die Infanterie und Jägertruppe", "Hippologische Studien" und das "Vaterländische Ehrenbuch". Größter Wert wurde auf das Schönschreiben gelegt, das ein eigener Unterrichtsgegenstand war. Daher weisen alle militärischen Akten fast die gleiche Handschrift auf und sind gut lesbar.

Eine wahrscheinlich zutreffende Beschreibung der Kadettenanstalten ist auch im Film "Oberst Redl" zu sehen, wenngleich die Folgerung des Films, Oberst Redl sei wegen seiner ruthenischen Abstammung als Sündenbock ausgesucht worden, weniger historisch belegbar ist.

Nach Abschluß der Oberrealschule konnte an einer öffentlichen Schule die Reifeprüfung abgelegt werden, die die Eintrittskarte für die Militärakademie mit dreijähriger Ausbildung war. Nach Abschluß der Akademie wurden sie als Leutnants ausgemustert, sie bildeten das Reservoir für das Generalstabskorps.

 

Die Generalstabslaufbahn

Die Generalstabslaufbahn stand nur den Absolventen der Militärakademie offen. Zunächst mußten sie vier Jahre bei der Truppe dienen, dann wurden sie zu den Vorprüfungen zugelassen. Jährlich traten tausend Offiziere zu den Prüfungen an, nur vierhundert wurden in die engere Wahl gezogen. Von diesen wurden nur vierzig Mann auf die dreijährige Kriegsschule, die sich am Wiener Getreidemarkt im "Technischen Militärkomitee" befand, kommandiert. Von diesen konnten sich nur zehn bis zwölf Mann Hoffnung machen, den "flaschengrünen Rock" der Generalstäbler tatsächlich anzuziehen. Dann stand einer steilen Karriere nichts mehr im Wege. Aber die Art der Erziehung auf der Akademie und noch mehr auf der Kriegsschule förderte einen ungesunden Ehrgeiz, Neid und Strebertum: Ein Hauptmann der Kriegsschule versandte anonym "Potenzpillen" an seine vor ihm gereihten Konkurrenten, die Cyankali enthielten.

Kaiserjäger

Die Tiroler Jägerregimenter waren eine besonders traditionsreiche Elitetruppe. Im wesentlichen wurden dort alle Wehrpflichtigen aus Tirol und Vorarlberg zugeteilt, die Truppe sollte auch nur zur Verteidigung Tirols eingesetzt werden. Die Kaiserjäger wurden nie in die gewöhnlichen Infanterie-Regimenter der Armee eingegliedert.